In vielen
europäischen Ländern gibt es Klubs für intelligente Menschen,
deren Mitglieder es sich zur Aufgabe gemacht haben, einander gegenseitig
mit Rätseln und Denkspielen verschiedenster Art zu unterhalten und
dabei ihre Denkfähigkeit zu straffen und diese der neidischen Mitwelt
zu offenbaren.
Nun hat
ja Intelligenz erwiesenermaßen nichts oder jedenfalls nicht zwingend
etwas mit der sozialen Herkunft oder dem geografischen Standort zu tun.
Demzufolge deckt das Reservoir dieser Klubs nahezu sämtliche Schichten
der Gesellschaft ab: Da tummeln sich hochgelehrte Universitätsdozenten
aus der Metropole ebenso wie Studenten, Hausfrauen, Werktätige und
Bauernsöhne aus der näheren oder weiteren Provinz. Die Klubs
veröffentlichen die Denkaufgaben, die von ihren Mitglieder ersonnen
werden, in diversen Wochen- und Monatszeitschriften und bringen so das
Intelligenzkapital ihrer Mannschaft spielerisch unters Volk. Erstaunlich
ist, dass den Leuten auch nach jahrelanger Zugehörigkeit zu einem
dieser Klubs immer noch etwas Neues einfällt, zumindest möchte
man das vermuten, wenn man die Szene oberflächlich betrachtet, obwohl
sich natürlich gewisse Muster von Aufgabenstellungen in der einen
oder anderen Form gelegentlich wiederholen.
Irgendwann
vor Jahren fand ich in einer solchen Rätselpostille folgende höchst
originelle Aufgabe:
Gegeben ist die nachfolgende Zahlenreihe:
33, 16, 24, 5, 10, 23.
Wie lautet die nächste Zahl in dieser Reihe ?
Unter den von
den Lesern diskutierten Lösungsansätzen waren themabedingt jene
der mathematischen Zunft in erdrückender Überzahl. Die p.t. Univ.Prov.
aus der Metropole, ebenso wie mathematisches Fußvolk unterschiedlichster
Schattierung habilitierte, dissertierte und dilettierte in weitschweifenden
Analysen. Immerhin waren sich die Experten in einem Punkt einig: Es kann
sich hier um keine komplexe, und noch weniger um eine triviale arithmetische
oder geometrische Reihe handeln, auch keine Persistenzreihe oder eine Folge
von Hagelschlagszahlen. Vielmehr müsse die Lösung im kabbalistisch-mystischen,
vielleicht auch irgendwo im astronomischen, möglicherweise auch im
mikrobiologischen Ambiente benachbarter Wissenschaftsdisziplinen zu suchen
sein. Ein theoretischer Lösungsgang sei den bisher damit befassten
Honoratioren wissenschaftlich fundiert nicht ableitbar, und man ersuchte
den Verfasser des Rätsels um weiterführende Hinweise.
Obwohl
also die hochkarätigen Fachleute in der ersten Runde kapituliert hatten,
wagte sich nunmehr auch das gewöhnliche Volk mutig heran. Der bereits
erwähnte Bauernsohn aus der Südost-Provinz (nennen wir
ihn schlicht und einfach Franz B.), wiewohl weder der Algebra, noch sonst
irgendwelcher Gesetzmäßigkeiten über arithmetische oder
geometrische Reihen kundig, brachte das Kapitel nach nur wenigen
Sekunden auf den Punkt:
"Jo, eih
kloa: ocht!" (Pardon - auf Hochdeutsch: "Ja, völlig klar: acht!")
Sie mögen
es glauben oder nicht: Die Lösung ist richtig. Dennoch war besagter
Franz B. nicht unbedingt der Prototyp des genialen Denkers und noch weniger
ein studierter Analytiker. Auch hatte er seine Fähigkeit zum raschen
und souveränen Lösen der Aufgabe mitnichten in meditativer Kontemplation
hinter dem Lenkrad seines Treckers entwickelt, sondern diese lag ganz einfach
darin begründet, dass Franz B. seit längerem die Angewohnheit
hatte, das in der nahegelegenen Metropole befindliche Spielcasino in unregelmäßigen
Abständen mit seiner Anwesenheit zu beehren. Und da er sich bevorzugt
im Umfeld der diversen Roulettetische herumtrieb, hatte er mit der Zeit
im wahrsten Sinn des Wortes 'spielerisch' die Zahlenfolge des Roulettezylinders
auswendig gelernt. Für ihn war es somit auf den ersten Blick klar:
Die obige Zahlenreihe stellt die südwestliche Hälfte der "Kleinen
Serie" des Roulettezylinders dar.
Betrachten
Sie diese kleine Anekdote als Metapher auf die Mystik des Roulettes an
sich. Als Glücksspiel existiert das Roulette seit etwa zwei Jahrhunderten,
und ebensolange gibt es Menschen, die versucht haben, ihm sein Geheimnis
zu entlocken: Das Geheimnis des Huhns, das goldene Eier legt, und zwar
auf Befehl und unaufhörlich. Dieses Bestreben hat hunderte schon Kopf
und Kragen gekostet und wahrscheinlich tausende Existenzen ruiniert. Es
beschäftigt auch heute noch Legionen eines höchst unterschiedlichen
Publikums aus Spekulanten, Chaoten und überaus hellen Köpfen.
Vielen ist eine geistige Verwandtschaft mit den Alchimisten des Mittelalters
zu eigen, die oft ihr halbes Leben auf der Suche nach dem «Stein
der Weisen» verbrachten, um mit seiner Hilfe unedles Metall in Gold
zu verwandeln. Aber weder abstrakte Logik, noch irrationale Mystik führte
die Suchenden bisher ans Ziel. Es wird niemals irgendeinem Sterblichen
gelingen, eine mathematische oder kabbalistische, im Kopf erdachte Formel
zu erzaubern, mit deren Hilfe Sie oder sonst jemand die Macht erhalten
würde, dieses Spiel von der Theorie her zu besiegen. Albert Einstein,
der ja bekanntlich der Dümmsten einer nicht war, wird folgendes Statement
nachgesagt: "Beim Roulette kann man auf Dauer nur gewinnen, wenn man Jetons
stiehlt...".
Wiewohl
diese Aussage durchaus zutreffen mag, so gibt es dennoch einige ganz einfache,
praktische und strafrechtlich unbedenkliche Methoden und Anhaltspunkte,
mit denen Sie dieses Buch in der Folge bekanntmachen und mit deren Hilfe
bzw. Einhaltung Ihr erster Schritt vom Glücksritter zum Profizocker
vollziehbar sein wird.
Falls Sie
nunmehr eine wissenschaftliche Abhandlung über die Gesetze des Zufalls
erwarten sollten, muss ich als Verfasser bedauernd mit den Achseln zucken,
weil in diesem Fall hätten Sie das falsche Buch gekauft. In den Regalen
der Bibliotheken und Buchläden stehen meterweise teils hochwissenschaftliche
Fachbücher zum Thema "Roulette und Glücksspiel" herum, und ich
habe nicht im geringsten vor, diese Sammlung um einen Anhang von zwei Zentimetern
zu erweitern. Nicht umsonst heißt dieses Werk im Untertitel «Unwissenschaftliches
Schwarzbuch eines Profizockers». Schwarz ist in diesem Fall und im
wahrsten Sinn des Wortes als das Gegenteil von Weiß zu verstehen.
Sie wissen sicher, was ein Weißbuch ist. Nein? Mit diesem Begriff
verbindet man üblicherweise politisch oder wirtschaftlich unterlegte
Analysen und Berichte, sowie Aufzeichnungen von Experten für Experten
mit dem Ziel zu verhindern, dass jeder Experte für den Erwerb von
Erkenntnissen aus einem benachbarten Wissensbereich das Rad zum einhundertsten
mal neu erfinden muss. Das «Schwarzbuch» soll so ähnlich
verstanden werden, bloß mit dem Unterschied, dass damit ein wenig
auf die Skandaltube gedrückt wird. Wenn Sie das Buch fertiggelesen
haben, werden Sie verstehen, was ich meine...
...Darüber
hinaus möchte ich festhalten, dass dieses Buch keine "Spielanleitung"
im engeren Sinn darstellt und noch weniger den Versuch unternimmt, Ihnen
irgendein "todsicheres System" aufs Auge zu drücken, sondern es beinhaltet
die Zusammenfassung von Beobachtungen und Erfahrungen aus fast zwei Jahrzehnten
regelmäßiger Zockertätigkeit. Geografisch liegen diese
Erfahrungen in den meisten namhaften Casinos des Kontinents zwischen Travemünde
und Estoril, mehrheitlich aber in den Etablissements von Leo Wallner's
"Casinos Austria". Letztere genießen völlig zu Recht auch international
einen hervorragenden Ruf, nicht zuletzt deshalb, weil es Leo Wallner -
nennen wir ihn von nun an einfachheitshalber und ganz familiär-freundschaftlich
'Onkel Leo' - in knapp dreißigjähriger konsequenter Arbeit geschafft
hat, seine Zockertempel nicht nur mit bemerkenswert geschmackvollem Ambiente,
sondern vor allem auch mit einem nahezu perfekten und engmaschigen Kontrollsystem
zu umgeben. Wenn Sie sich 'Casinos Austria' als Gegner wählen, begeben
Sie sich in einen Härtetest der obersten Liga, wo Ihnen ausschließlich
mit allen Wassern gewaschene Vollprofis gegenüberstehen. Dafür
können Sie hier abartigen Spielvarianten fröhnen, für die
man Sie anderswo sofort aus dem Saal wirft, wie zum Beispiel Annoncen von
der Länge eines Vater Unsers bei bereits laufender Kugel, komplexe,
sich ständig wiederholende Satzorgien über mehrere Mannschaftswechsel
hinweg, die der jeweilige Croupier aus dem Handgelenk auslegt, als hätte
er seit seiner Kindergartenzeit nichts anderes getan, und – last not least:
kaltschnäuzige Spätsätze bis knapp an den Kugelfall. Bei
Onkel Leo ist all das selbstverständlicher Routineservice und problemlos
spielbar. Selbst die regelmäßige Überschreitung des Tischmaximums
bei hochwertigen Chancen wird, soferne Sie als seriöser und zahlungsfähiger
Besucher anerkannt sind, gerne toleriert...
Für Esoteriker und Nostradamus-Jünger noch eine Bemerkung am Rande:
Wissen
Sie, wie hoch die Ziffernsumme aller 37 Roulettezahlen ist ?
Bevor Sie
sich die Mühe machen nachzurechnen, hier ist die richtige Antwort:
666.
Für
alle Nicht-Eingeweihten: 666 bedeutet in der kabbalistischen Zahlenmystik
die Zahl des Tiers und die Satanszahl. Also - viel Spaß!
Aus Kapitel 2 - Die Schlacht an der kalten Entree:
...Wenn
Sie ein Profi sein wollen, dann beginnt Ihre Professionalität bereits
an der Entree, noch lange, bevor Sie den ersten Jeton gesetzt haben. Eine
unauffällige äußere Erscheinung, ebenso wie unauffälliges
korrektes Benehmen, ist hier ganz besonders gefragt, denn die Damen und
Herren, denen Sie am Empfang begegnen und die im Casinojargon als Chasseur
tituliert werden, sind wesentlich cleverer, als Sie sich nach außen
darstellen. Es wäre ein mächtiger Fehler, wenn Sie diesen Leuten
nur die Qualifikation eines Disco-Türstehers mit Holzhammer-IQ zutrauen
würden. Sie verfügen nämlich über ein spezielles kognitives
Training mit dem Ziel, Besucher nach visuellen Kriterien so rasch und so
genau wie möglich wiederzuerkennen, und dabei werden Sie obendrein
von modernster Technik unterstützt. Im Bereich des Empfangs befinden
sich im allgemeinen mehr oder weniger diskret getarnte Videokameras, die
jeden Besucher präzise mit Datum und Zeitstempel erfassen und diese
Daten für eine allenfalls später notwendige Identifikation aufzeichnen.
Schließlich kann sich auch der genialste Chasseur, bei einem großen
Casino mit tausend oder zweitausend Gästen, nicht alle Namen und Gesichter
merken. Aber unterschätzen Sie die Kerle nicht: Im Bedarfsfall kann
er jeden Besucher zumindest grob dem Zeitfenster seines 'Eincheckens' zuordnen,
den Rest besorgt dann die Videoanlage. Sie erleichtern ihm die Arbeit erheblich,
wenn Sie sich als durchgestyleter Pommaden-Fritz mit blutrotem Sakko, gelbem
Hemd und grüner Fliege, gepierceter Unterlippe, 3-D-Sonnenbrille,
original Taiwan-Rolex und einem beinah echten, fünfkarätigen
Brilliantring präsentieren...
...Ich habe nach genauer Beobachtung der Vorgänge an der Entrée berechtigten Grund zur Annahme, dass einige Casinobetreiber die Personendaten von vermutlich zusammengehörigen Gästen mit dem beobachteten Spielverhalten datenmäßig verknüpfen und zwar unter anderem mit dem Ziel, unzulässige oder zumindest unerwünschte Spielgemeinschaften zu unterbinden. Welche weiteren Ziele da noch dahinterstecken mögen, kann man bestenfalls erahnen wenn man weiß, dass auch der Oberste Säckelwart der Republik auf diesem Podium durch seine Agenten hintergründig ständig präsent ist. Die Datenbank, die den Casinos zur Verfügung steht, ist sehr mächtig, und niemand weiß mit definitiver Gewissheit, welche Personen und Körperschaften darauf Zugriff haben. Falls Sie zum Beispiel dazu neigen sollten, Ihre Geschäfte vor Ort mit Erlösen aus schattenwirtschaftlicher Tätigkeit, im Volksmund auch ‚Schwarzgeld‘ genannt, zu finanzieren (Gott bewahr‘ mich davor, ich würde so etwas natürlich niemals tun!), dann kann die Beachtung dieses Aspekts für Ihr weiteres Vorgehen von entscheidender Bedeutung sein. Gewinne aus dem Glücksspiel sind meinem Wissensstand nach in allen Ländern der Europäischen Union von der Einkommensteuer befreit. Das beruht nicht etwa auf staatlichem Großmut und noch weniger auf caritativem Gewissen oder sozialer Intelligenz der Finanzbürokratur. Dahinter steht vielmehr folgende Überlegung: Würde der Staat die Gewinne aus dem Glücksspiel der Steuerpflicht unterziehen, müssten im Gegenzug die allenfalls aus dem Spieltrieb entstandenen Verluste zwangsläufig als abzugsfähige Posten steuermindernd geltend gemacht werden können. Nicht nur, dass eine diesbezüglich durchgängige Prüfung allfälliger Angaben praktisch unmöglich oder jedenfalls viel zu aufwändig wäre, es würde eine solche Regelung obendrein die Steuereinnahmen aus den diversen monopolisierten Glückstöpfen erheblich mindern, weil ja bekanntlich die Mehrzahl der Spieler verliert. In der logischen Folge setzt diese Steuerfreiheit natürlich voraus, dass man zum Zeitpunkt, bevor der Gewinn lukriert wurde, zumindest formal weniger Cash im Börsel hatte, als danach. Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, sonst könnte irgendein unterbeschäftigter Staatsanwalt auf die Idee kommen, mich wegen Anleitung zur Steuerhinterziehung zu belangen. Aber diejenigen, die es betrifft, wissen ganz sicher, was ich meine...
Aus Kapitel 3 - Am Weg zur Strategie:
...Überhaupt
scheint es so zu sein, dass die Mathematik zwar für die Theorie des
Roulettes ein interessanter Begleiter ist, für die Praxis des Spielbetriebs
aber einen lästigen Hemmschuh darstellt. In diesem Zusammenhang bin
ich auf ein Zitat von Charles Darwin gestoßen, das da lautet:
„Ein Mathematiker
ist wie ein Blinder, der in einem finsteren, unbelichteten Raum nach einer
schwarzen Katze sucht, die noch gar nicht drinnen ist“.
Na ja,
da ich nun mal selbst so ein Blinder, nach schwarzen Katzen Suchender bin:
Es ist in der Tat eine höchst schmerzliche Formel, die ich Ihnen als
den Ersten Hauptsatz der Zocker-Algebra ins Stammbuch schreiben muss:
"Es gibt kein, auf mathematischen oder logischen Regeln basierendes System, mit dessen Hilfe oder durch dessen Anwendung, das Erscheinen irgendeiner Chance am Roulettetisch aus dem zurückliegenden Zahlenverlauf abgeleitet werden kann".
Punkt. Jeder,
der Ihnen etwas Gegenteiliges weismachen will, ist entweder ein Träumer,
ein Romanschriftsteller oder ein Betrüger. Von letzterer Sorte gibt
es, insbesondere im einschlägigen Verlagswesen, das sich auf die Veröffentlichung
von Roulettesystemen spezialisiert hat, eine ganze Menge am deutschsprachigen
und auch am internationalen Markt. Das Bestechende an all diesen käuflich
erwerbbaren Systemen ist das absolut professionelle Marketing in Verbindung
mit einer optisch und textuell verführerischen Aufmachung in Spitzenqualität:
Auf Hochglanzbroschüren im Vierfarbendruck wird da von geheimen Aufzeichnungen
verstorbener oder pensionierter Croupiers gefaselt, die ihr Wissen noch
vor ihrem Abtreten an den, um Ihre Gunst buhlenden Verlag in uneigennütziger
Weise vermacht haben, mit der Auflage, selbiges nur einem beschränkten
Kreis von Profispielern - zu dessen Zugehörigkeit der Verlag ausgerechnet
Sie auserwählt hat - gegen ein nebbiches Entgelt von einigen hundert
Euro zu überlassen. Oder da ist die Rede von einem untergetauchten
Profizocker aus Oklahoma, der mit einem unfehlbaren System ein Mafiacasino
in Las Vegas um Millionen erleichtert haben soll und aus diesem Grund heute
inkognito und im Untergrund von den Erlösen aus dem Verkauf des Systems
ein karges Brot fristen müsse. Uns so weiter und so fort, der Phantasie
sind keine Grenzen gesetzt.
Falls der
naive Leser einer solchen Broschüre sich zum Kauf des Systems entschließt,
erhält er wenige Tage darauf einen größeren Briefumschlag
mit mehreren Seiten DIN A4. Das Hochglanzpapier im Vierfarbendruck ist
meist einer Folge von schlecht lesbaren, teils faksimilierten Aufzeichnungen
auf meist rotem - weil nicht weiter kopierbarem - Papier gewichen. Und
das, was sich der pensionierte Croupier, oder der von der Mafia gejagte
Casinoschreck, als unfehlbare Geheimwissenschaft zum Knacken der Spielbank
ausgedacht haben, entpuppt sich zuletzt als schwer nachvollziehbare Rechenaufgabe
mit umständlich vielen Wenn und Abers, die den Spieler, falls er wirklich
versuchen sollte sie umzusetzen, hoffnungslos überfordern und jeder
mentalen Kreativität berauben wird. Die zumeist als Lockvogel abgegebene
"Geld-Zurück-Garantie" ist in der Regel daran gebunden, dem Verlag
an Hand einer beliebigen Permanenz binnen Zwei-Wochenfrist zu beweisen,
dass das System an mindestens drei Tagen des Monats Lücken aufweise.
Diese Garantie ist Makulatur, denn bis Sie es geschafft haben, eine ganze
Monatspermanenz mit dem vorerst noch undurchschaubaren, kryptischen Pseudo-Regelwerk
durchzuackern, würden, auch wenn Sie Tag und Nacht daran arbeiten,
Monate ins Land ziehen.
Mein Rat
lautet: Sparen Sie ihr Geld und lassen Sie die Finger von derart unnützer
Papier- und Zeitverschwendung. Früher oder später werden Sie
die Erfahrung machen, dass der obige Erste Hauptsatz tatsächlich und
vollinhaltlich zutrifft. Wenn das nicht so wäre, gäbe es schon
lange keine Casinos mehr...
Aus Kapitel 4 - Strategie und Marsch:
...Aus den
Überlegungen und mathematischen Ableitungen des vorigen Kapitels ergibt
sich die Option einer Satzstrategie, die besonders von unerfahrenen Spielern
gerne als Lösung des Rouletteproblems gehandelt wird:
Es wird
auf das Erscheinen einer bestimmten Einfachen Chance gespielt, wobei die
Satzhöhe von einem Wurf zum nächsten verdoppelt wird, falls der
Wurf zu keinem Treffer geführt hat. Nachdem ein Treffer erzielt wurde,
endet der Angriff und wird wieder mit einem Basisstück neu begonnen.
Der resultierende Gewinn beträgt jedesmal genau ein Stück, und
zwar von jenem Wert, mit dem man den Angriff zum Erstsatz begonnen hat.
Diese Strategie
wird im Roulettejargon als Martingale-Progression, oder schlichter
auch als Verdoppelungs-Strategie bezeichnet. Martingale ist
ein französisches Wort und bedeutet weder einen Ganselbraten, noch
einen spätmittelalterlichen Gesang, sondern heißt auf Deutsch
ganz schlicht und einfach Rückengurt. Und einen solchen benötigen
Sie auch, falls Sie diese Strategie ernsthaft in Betracht ziehen, denn
sie ist in der Tat das reinste Kamikaze-Unternehmen. Solange in einem derart
gestalteten Spiel keine längeren Serien von Fehlsätzen auftreten,
geht die Rechnung durchaus zu Gunsten des Spielers auf, wobei dieser Zustand
über Stunden und Tage, vielleicht sogar mehrere Wochen hinweg durchaus
mit Gewinn und erfolgversprechend anhalten kann. Da aber die Satzhöhe
im Fehlsatzfall in Zweierpotenzen progressiv zunimmt, ist diese Strategie
an ein unabsehbares Kapitalrisiko gebunden, das jeder spielerischen Vernunft
zuwider läuft. Um etwa eine feindliche zehnfach-Serie kapitalmäßig
durchzustehen, benötigt man ein Tischkapital von zwei hoch elf Stücken
des Basissatzes, das sind in Worten: zweitausendachtundvierzig Stück,
womit man in der Regel nach dem zehnten Fehlsatz am Tischmaximum angelangt
ist. Und dabei sind die Tributzahlungen an die gelegentlich erscheinende
Zero noch nicht berücksichtigt. Dem Kapitalrisiko von etwas mehr als
zweitausend Stücken zum Tisch-Minimum steht selbst auf "schnellen"
Tischen ein realistischer Tagesgewinn von höchstens einhundert Stücken
gegenüber, das sind weniger als fünf Prozent. Faktum ist, dass
Zehnfach-Serien irgendwann auf den meisten Tischen mit Sicherheit auftreten.
Die längste, in der Literatur dokumentierte Serie war 29 Würfe
lang. Ich selbst wurde im Casino Velden Zeuge einer Serie auf GERADE in
der Länge von 23 Würfen. Und selbst "einfärbige" Wurfanzeigen
(das heißt: Farbserien mit einer Länge von fünfzehn Würfen
oder mehr) sind zwar nicht unbedingt Alltagskram, aber durchaus keine sensationelle
Seltenheit...
...Hab'
ich Ihnen schon die Geschichte von Hugo P. erzählt ? - Also, ganz
kurz:
Hugo P.
ist ein attraktiver Mittdreißiger und betätigt sich beruflich
als Geschäftsführer eines sehr renommierten Gewerbebetriebs mit
Sitz in einer österreichischen Kleinstadt. Eine alteingesessene, gutgehende
Firma, die sich hauptsächlich so mit Computern und Dingsda und solchem
Zeugs halt beschäftigt, Sie wissen schon, was ich meine. Jedenfalls,
Hugo P. versucht sich seit einiger Zeit erfolgreich als Martingale-Zocker,
nebenberuflich, sozusagen. Die beschriebene Szene spielt in den Neunzigern
des vorigen Jahrtausends, also noch zu einer Zeit, wo es keinen Euro gab
und in Leo's Zockertempeln um Schillinge gezittert wurde. Seine Strategie
ist relativ simpel: Er wartet, bis sich bei irgendeinem Tisch auf der Anzeige
eine Dreifach-Serie einer beliebigen Einfachen Chance manifestiert und
spielt von da an gegen die Serie. Sein Startsatz besteht aus einem roten
Jeton, das sind 500 ÖS, etwa sechsunddreißig Euro nach heutiger
Währung.
Ich habe
ihn schon gut eine Stunde im Visier und weiß daher, dass sein Spiel
zunächst ziemlich stressfrei abgelaufen ist: Die bisher längste
Serie brach nach dem siebten Wurf ab, sodass seine Börse noch nie
über sechzehn Fünfhunderter hinaus belastet wurde. Da er alle
sechs geöffneten Tische in sein Spiel mit einbezieht, mag sein Tagesgewinn
demnach also so an die 50 bis 60 Stück zu 500 ÖS betragen, was
ja auch für einen erfolgsverwöhnten Yuppie gar nicht so schlecht
sein sollte. Aber Hugo P. will mehr.
Der laufende
Angriff hält gerade beim vierten Fehlpass, und das zum ersten Mal
an diesem Abend. Dennoch - kein Problem, Hugo P. plaziert erstmals Jetons
im Wert von achttausend auf Schwarz. Es erscheint mit der 34 leider
wieder Rot. Hugo P. reibt sich nervös an der Nase und holt zum nächsten
Doppelschlag aus. Sechzehntausend liegen am Tableau, das bedeutet, dass
er wahrscheinlich seinen ganzen Tagesgewinn im aktuellen Angriff stecken
hat. Auch dieser Wurf zeigt mit der roten Neun kein Verständnis für
Hugo P.s geplanten Aufstieg zum Casinokönig. Er reibt sich wieder
die Nase und zupft dazu nervös am Kragen seines Hemds herum. Zweiunddreißigtausend
müssen aufs Tableau, diesmal mit Sicherheit zur Gänze eigene
Kohle, und dieser Berg von Jetons verursacht erstmals eine schmerzhafte
Volumsabnahme in Hugo P.s Jackentasche. Inzwischen hat die hohe Satzsumme
noch andere Neugierige auf den Plan gelockt, und der Tischchef tuschelt
leise mit dem Saalinspektor, der wie ein steinerner Götze mit am Rücken
verschränkten Armen neben ihm steht und die Szene beobachtet. Knisternde
Spannung verbreitet sich in dem Moment, wo der Handcroupier in den Kessel
greift und die Kugel andreht, die nach fünfzehn Sekunden nervöser
Erwartung in der roten 32 landet. Hugo P.s Gesichtsausdruck vereist zu
einer steinkalten Grimasse. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Er greift
in die Brusttasche seines Jacketts, zieht ein ordentliches Bündel
von Fünftausendern hervor und knallt es dem Croupier vor die Nase.
"Maximum auf Schwarz", lautet seine knappe Annonce. Der Croupier
zählt die Scheine und plaziert Jetons für sechzigtausend auf
Schwarz, drei Scheine bleiben übrig, die er Hugo P. zurückgibt.
"Der Rest Ihrer Ansage, Monsieur !"
Es wird
still. Wieder greift der Croupier in den Kessel, das leise Rollen der Kugel
übertönt nur um wenige Dezibel das Pochen von Hugo P.s Pulsschlag.
Die Kugel ist diesmal mit sehr hoher Geschwindigkeit unterwegs und es vergehen
endlose achtzehn Sekunden. Dann schließlich das Klickern an den Kesselhindernissen
und endlich das Fallen der Kugel. Hugo P. wartet mit geschlossenen Augen
auf die Ansage des Croupiers: "Vingttrois, Rouge, Impair, Passe, Dreiundzwanzig
Rot" lautet die Verkündung des Todesurteils. Hugo P. beißt verlegen
auf die Unterlippe. - Es ist vorbei. Der Teufel grinst dämonisch und
Onkel Leo’s Kassiere reiben sich die Hände. Böser Onkel!
Nein, hören
Sie auf zu lachen - das ist überhaupt nicht komisch! Ironie am Rande:
Der nächste Wurf hätte mit der schwarzen 10 für Hugo P.
zumindest für dieses eine Mal die Rettung bedeutet. Glück und
Ende, Erfolg und Untergang, liegen bei diesem satanischen Spiel im wahrsten
Sinn des Wortes nur eine Fingerbreite auseinander.
Drei Monate
später begegne ich Hugo P. erneut, diesmal aber nicht im Casino, sondern
auf Seite vier einer lokalen Zeitung. Konkurs der Firma, betrügerische
Krida, drei Jahre Knast, davon eines unbedingt. Ein höchst unmelodisches
Ende des Lieds und eine saublöde Angelegenheit obendrein, fürwahr...
Aus Kapitel 5 - Das Chaosprinzip:
...Auf der
Suche nach dem „ideal chaotischen Marsch“ unterliegt man gerne der
Versuchung, irgendeine in der Vergangenheit an einem beliebigen Tisch gefallen
Zahlenfolge als Vorlage zu verwenden. Dabei spielt es keine Rolle, wie
weit diese Vergangenheit zurückliegt. Sie könnten zum Beispiel
die zuletzt gefallenen Zahlen von der Anzeige eines anderen Tisches ablesen
und als Chaos-Vorlage für ihr eigenes Spiel verwenden, sie werden
damit möglicherweise sogar eine Zeit lang ein halbwegs brauchbares
Ergebnis in Ihre Scheune einbringen. Aber wenn Sie das auf lange Sicht
tun, vermischen Sie Äpfel und Birnen: Der Tornado im Golf von Mexiko
unterscheidet sich vom Taifun über den Philippinen ganz wesentlich
in den Anfangswerten, aus diesem Grund wird er mit großer Wahrscheinlichkeit
auch völlig anders verlaufen. Wenn der erste, vom Karibischen Meer
kommend, sich im allerletzten Moment in Richtung Norden gedreht und so
die Halbinsel Yucatan von den Auswirkungen seiner verwüstenden Kraft
verschont hat, dann bedeutet das noch lange nicht, dass sich derselbe Vorgang
zwei Tage später vor der Insel Samar in der Philippinischen See wiederholt.
Der dortige Taifun überlegte es sich eben anders, und zog eine Spur
von Tod und Verwüstung in südwestlicher Richtung landeinwärts.
Die Anfangswerte
am Roulette sind, wie gesagt, von der jeweiligen Hand des Kugeldrehers
bestimmt. An jenem Tisch, wo Sie gerade Ihr Glück auf die Probe stellen
wollen, dreht meinetwegen der wortkarge Pepo Traurigmann, am Nebentisch
aber der Würger von Boston, und noch einen Tisch weiter wird der Kessel
von Sunnyboy Schweinchen Schlau bedient. Alle drei drehen völlig unterschiedlich
und bescheren dem Chaos demnach auch zueinander völlig fremde Ausgangswerte.
Was damit gesagt sein soll, ist, dass ein auf irgendeinem Nebentisch generiertes
Chaosabbild auf Ihrem Tisch à la longue nicht zielführend sein
wird. Auf der Suche nach chaotischen Märschen habe ich diesen Versuch
selbst mehrere Male geprüft und bin damit regelmäßig auf
die Schnauze gefallen, und zwar manchmal erst nach tagelangen Erfolgen.
Es gibt
aber am Roulettetisch eine Erscheinung, die ich als „Routinephänomen“
bezeichne, und die möglicherweise tatsächlich damit zu tun hat,
dass jeder Kugeldreher im Laufe eines langjährigen Berufslebens zig-tausende
Kugeln setzt. Und dabei zeigt sich, dass bei der Mehrzahl aller Würfe
ein erkennbarer Zusammenhang zwischen zwei der weiter oben erwähnten
Anfangswerte und der geworfenen Zahl besteht...
Aus Kapitel 6 - Falschspiel:
...Es versteht
sich, dass ich damit keineswegs eine Anleitung oder gar Aufforderung zum
Falschspiel beabsichtige. Vielmehr möchte ich Ihnen aufzeigen, was
Sie gar nicht erst versuchen sollten, weil die Herren im schwarzen
Smoking auf all diese Tricks bestens vorbereitet und geschult sind. Man
halte sich stets vor Augen, dass die Aufgabe des Tischchefs in erster Linie
darin besteht, die Spieler zu beobachten. Dazu kommt, dass die Casino-Security
den Spielbetrieb nicht nur über die allgegenwärtige Videoanlage
überwacht, sondern zusätzlich noch sogenannte "Maulwurfsspieler"
beschäftigt. Das sind Leute, die sich wie ganz normale Spieler verhalten
und natürlich auch so aussehen, dabei aber nichts anderes tun, als
die wirklichen Spieler, ebenso wie die Tischcrews, zu überwachen und
allfällige Besonderheiten an den Sicherheitsdienst zu melden. Nicht
zuletzt soll damit auch ein allenfalls mögliches Zusammenspiel zwischen
Croupier und Spieler sofort aufgedeckt und im Keim erstickt werden. Die
Angestellten der Casinos wissen über all diese Sicherheitsmechanismen
sehr genau Bescheid und werden sich daher hüten, sich auf irgendwelche
schmierigen Aktionen zu Lasten der Bank einzulassen. Die Chance, mit einer
Falschspielmethode längerfristig erfolgreich zu sein, ist daher nahe
null. Zudem ist allen diesen Methoden gemeinsam, dass man sie nur wenige
Male je Tisch und Abend anwenden kann, sodass die Relation zwischen Risiko
und möglichem Ertrag als höchst ungünstig zu bewerten ist.
Jedes Falschspiel stellt einen strafrechtlich relevanten Tatbestand dar.
Wer sich dabei erwischen lässt, landet - abgesehen von einer lebenslangen
Zutrittssperre - unweigerlich mit einer Diebstahls- oder Betrugsanklage
vor dem Richter.
Von Seite
des Spielers sind grundsätzlich vier Falschspielmodelle umsetzbar,
von denen hauptsächlich die ersten beiden in verbreiteter Weise zum
Tragen kommen:
...Der
Ablenkungstrick:
Natascha
Fummelmaus steht nahe am ersten Drittel des Tableaus mit dem Kessel im
indirekten Blickfeld. Die von ihr repräsentierte körperliche
Erscheinung in Verbindung mit äußerst knapper textiler Umhüllung
ist für den durchschnittlichen männlichen Betrachter an sich
schon Ablenkung genug. Im Augenblick des Kugelfalls neigt sie sich zudem
noch halb über den Tisch und bewegt die Hand unschlüssig über
das Tableau, so die perfekte Form ihrer Brüste mit dem augenscheinlichen
Versuch eines extremen Spätsatzes kombinierend, was beide, den Tischchef
und den Kugeldreher, selbstverständlich sofort zu einem halbherzigen
Einspruch mit lustvoll aufgerissenen Augen provoziert. Trotzdem entgeht
ihnen, dass Nataschas Beschützer Johnny Tsu-Halt, am unteren Ende
des Tisches stehend, je nach Wurf mit geschickt-unauffälliger flinker
Hand einen saftigen Jeton auf "19-36" oder "Odd" oder das passende Dutzend
bzw. Kolonne plaziert hat. Der Trick funktioniert logischerweise nur ein-,
allerhöchstens zweimal je Besatzung. Spätestens beim dritten
Versuch würde Natascha F., trotz ihres schmollmündig verführerischen
Augenaufschlags, deutlich und unmissverständlich verwarnt, womit diese
Wiese für den Rest des Abends abgegrast wäre...
...Zum Thema
Jetondiebstahl:
Zu diesem
Trick gibt es eine höchst hinterhältige, weil nur sehr schwer
identifizierbare Variante von „Partnerschaftlichem Linken“:
Zwei Studenten
der Medizin, Yussuf Ben Shaqal, und sein inländischer Fachkollege
Benno Bleyfrey, spielen gemeinsam am selben Tisch, tun aber so, als
würden sie sich gegenseitig gar nicht kennen, weil sie nicht ein Wort
mit einander wechseln. Yussuf verwendet Farbjetons zum Minimum, Benno hat
hingegen nur neutrale Jetons in den mittelgroßen Einheiten (5, 10,
20) in Händen. Es herrscht ziemlich starker Betrieb, und die übrigen
Spieler setzen wie wild, wobei nicht nur Farbsteine, sondern auch neutrale
Jetons der kleineren und mittleren Werte in ausreichender Menge am Tableau
liegen. Yussuf beobachtet genau, welche Spieler neutrale Jetons setzen
und wo sie sich, nachdem sie ihren Satz plaziert haben, aufhalten. Immerhin
gibt es genügend Spieler, die auf zwei oder mehr Tischen gleichzeitig
setzen, oder auch einfach nur nervös und unkonzentriert sind. Kaum
wurde ein Opfer ausfindig gemacht, setzt Yussuf bei erster Gelegenheit
einen seiner Farbsteine irgendwo im Tableau und verschiebt dabei mit geschickter
Hand und unbeachtet von der Tischcrew ein oder zwei Stück, zum Beispiel
einen Pleinsatz auf ein Caré und ein Cheval auf die Transversale.
Benno setzt ganz selten eines seiner neutralen Stücke, aber auf eine
eher niederwertige Chance, zum Beispiel auf irgendein Dutzend. Fällt
dann anschließend die Kugel in eine von diesem Verschiebemanöver
nicht betroffene Zahl, dann ist der Fall ohnehin für alle Beteiligten
belanglos. Trifft aber die Zahl, dann wird Yussuf im Moment, da der Croupier
auf das zur Auszahlung anstehende Stück deutet, seinem Partner einen
kurzen Blick in die Augen werfen, womit Benno weiß, dass er am Zug
ist, um den Gewinn für sich zu beanspruchen. Im günstigsten Fall,
nämlich wenn der ursprüngliche Eigentümer des Pleinsatzes
ohnehin verloren hätte, weil eine der anderen vier oder sechs Schiebungs-Zahlen
erschienen ist, wird der Vorgang überhaupt niemandem auffallen. Lediglich
dann, wenn die Originalzahl des Plein- oder Chevalsatzes erscheint, wird
es möglicherweise eine Diskussion geben, die aber sehr wahrscheinlich
für das Schiebungsopfer ergebnislos verlaufen wird, weil weder der
Tischchef, noch der Zahlcroupier sich zweifelsfrei erinnern wird, dass
genau dieser Spieler genau diese Zahl gesetzt hat. Und selbst wenn: Auf
Yussuf fällt kein Verdacht, weil er ja mit Farbjetons spielt und in
der Auszahlungsdebatte überhaupt nicht in Erscheinung tritt. Und Benno
hält genügend Jetons des gewinnenden Wertes in Händen, um
seinen angeblichen Satz plausibel vertreten zu können, soferne dieser
überhaupt in Frage gestellt wird.
Das Ganze
ist eine riesige Sauerei, aber offensichtlich gibt es immer wieder Unerfahrene
und Dumme, die darauf hereinfallen. Deshalb: Adlerauge, sei wachsam...
...Zum Thema
Manipulation:
Welchen
Rückschluss können wir aus dem Erfahrenen ziehen ?
Wenn es
möglich ist, mit einem, auf optischer Wahrnehmung beruhenden und manuell
bedienten Apparat eine halbwegs zuverlässige Wurfprognose zu erstellen,
dann sollte derselbe Prozess für ein mit modernster Hightech ausgestattetes
Casino keine ernsthafte Schwierigkeit darstellen.
Im Klartext:
Die technische Infrastruktur, die ich mit meinem Gerät in der Brusttasche
des Sakkos spazieren trug, ist heute ganz allgemeine Standardbestückung
eines Roulettekessels, sei es auch nur, um die elektronischen Wurfanzeigen
mit richtigen Daten zu versorgen. Ein zusätzlicher Sensor, der irgendwo
im Kesselrand verborgen ist und auf kapazitivem oder optischem Weg das
Vorbeihuschen der Kugel in ein elektronisches Signal umsetzt, ist für
den heutigen Techniker wahrlich kein Auftrag, der ihn in Verlegenheit bringt.
Deshalb gehe ich davon aus, dass jeder Casinobetrieb, der über die
entsprechende Technik verfügt, in der Lage ist, das Wurfergebnis jedes
Kessels bereits mehrere Sekunden vor Kugelfall mit ausreichender Genauigkeit
zu kennen.
Dieser
Umstand alleine bedeutet aber noch keineswegs, dass daraus ein Nachteil
für den Spieler entstehen muss. Denn solange die Bank nur weiß,
wo die Kugel voraussichtlich fallen wird, hat das keinen Einfluss auf das
Ergebnis an sich und darf somit als neutrale Information betrachtet werden.
Die Sache sieht natürlich anders aus, wenn der Casino-Geheimdienst
Zugriff auf weiterführende Einrichtungen hätte, mit deren Hilfe
es möglich ist, den ab einem gewissen Zeitpunkt berechenbaren Kugelfall
im allerletzten Moment zu manipulieren, falls das errechnete Zielgebiet
für die Bank unerwünscht sein sollte. Als "Manipulation" kommt
in diesem Zusammenhang ein Bremsen der Kugel oder des Zylinders in Frage,
beides natürlich nur in einem Ausmaß, das mit freiem Auge nicht
erkennbar ist, des weiteren – sozusagen als die „Königsdisziplin“
des gezinkten Spiels - auch eine magnetische Beeinflussung der Zahlenfächer.
Ich werde darauf weiter unten noch zu sprechen kommen...